Sicherheit durch Erden und kurzschließen

Liebe Leserinnen und Leser,

mit diesem Artikel führen wir die im September 2018 gestartete Serie, mit mehreren Teilen zur Verhütung von Fehlschaltungen und Unfällen, fort.

Heute geht es um die Anwendung der 4-ten Sicherheitsregel:

"Erden und kurzschließen".

Diese Maßnahme ist sehr wichtig, weil mittels Sicherheitsregel 3 „Spannungsfreiheit feststellen“ mit dem Spannungsprüfer -genau betrachtet- lediglich die Betriebsspanungsfreiheit festgestellt wird.

Um ein sicheres Erdpotenzial (Spannung null) an der Arbeitsstelle zu erreichen, muss ab einer Spannung von 1000V unbedingt geerdet und kurzgeschlossen werden. Dadurch wird die verbliebene Restspannung bedingt durch die Kabelkapazität gegen Erde abgeleitet (Spannung null). Außerdem dient diese Maßnahme zum Schutz vor Beeinflussungsspannung durch atmosphärische Überspannungen (Gewitter), Induktion parallel liegender Leitungen, Schutz beim versehentlichen Wiedereinschalten der Anlage oder Rückspannung aus Ersatzstromversorgungsanlagen sowie regenerativen Einspeisequellen (WEA, PV…).

Es ist unmittelbar an der Arbeitsstelle möglichst eine sichtbare Erdungs- und Kurzschließvorrichtung (EuK) einzubauen. Wenn aus örtlichen Gegebenheiten bzw. durch die Anlagenbauweise die Erdungs- und Kurzschließvorrichtung nicht sichtbar ist, aber dieselbe Sicherheit erreicht wird, so besteht hier eine mögliche Ausnahme. Ein zusätzliches Hinweisschild / Symbol lässt erkennen, dass geerdet und kurzgeschlossen ist.

Bei Arbeiten an einem Betriebsmittel oder am Kabel / einer Freileitung sind beide Seiten sowie an alle Freischaltstellen aus Sicherheitsgründen zu erden und kurzzuschließen.

Eingeschaltete Erdungsschalter sind – gemäß der zweiten Sicherheitsregel – hier gegen Ausschalten zu sichern! Also „Schalten verboten“!

 

 

Vor dem Einbauen der EuK ist immer eine „Arbeitstägliche Sichtprüfung“ erforderlich“,

siehe Praxishilfe der BG ETEM.

 

Der Einbau erfolgt mit einer Isolier- / Erdungsstange in der Reihenfolge zuerst die Verbindung mit dem Erdpotenzial herstellen und anschließend allen 3 Außenleitern an Kugelerdungsbolzen oder mittels Universalklemme an die Schiene anbringen. Der Betriebspraktiker tippt vorher alle Außenleiter mit der EuK an um die Ladeenergie gegen Erde abzuführen. Dann wird der Anschluss fest angezogen, weil bei einem möglichen Kurzschlussstrom die dynamische Kraft wirkt und möglicherweise die Verbindung
absprengt wird. Außerdem wirkt zusätzlich die thermische Energie. Wenn die Kupferseile falsch dimensioniert / zu dünn sind, bieten sie keine Schutzwirkung und verbrennen.

Bei unserem Seminar in Berlin mit dem Schwerpunkt Lichtbogeneinwirkung kann jeder Teilnehmer das oben beschriebene Ereignis LIVE erleben, siehe Youtube-Video vom Seminar.

 

 

Bitte überprüfen Sie einmal den Querschnitt Ihrer EuK um sicher zu sein das der mögliche Kurzschlussstrom das Erdungsseil nicht zerstört. Ist an allen Ausschaltstellen geerdet und kurzgeschlossen kann an der Arbeitsstelle eine EuK mit einem Querschnitte von mindestens 25 qmm Cu-Seil verwendet werden.

Die Arbeiten sind abgeschlossen, die Anlage kann wieder unter Spannung gesetzt, in Betrieb genommen werden. Jetzt ist es wichtig das alle eingebauten EuK wieder ausgebaut und alle Erdungsschalter ausgeschaltet werden. Hierfür dient eine Checkliste mit den protokolierten EuK sowie Erdungsschaltern um die Übersicht zu behalten nach dem Motto:

Null Unfälle durch NULL Fehlschaltungen!

In Niederspannungsanlagen bis 1000V, mit Ausnahme von Freileitungen, muss nicht  geerdet und kurzgeschlossen werden, wenn die Arbeitsstelle freigeschaltet, gegen Wiedereinschalten gesichert und der spannungsfreie Zustand festgestellt wurde. Eine größere Sicherheit bietet natürlich die Erdung und Kurzschließung, zumal immer mehr Kleinkraftwerke ins Netz einspeisen oder aus Versehen durch Ablenkung wiederzugeschaltet werden kann.
         
Der Trend geht auch hier zum Erden und Kurzschließen. Unterschiedliche Hersteller bieten entsprechende Vorrichtungen an.

Aber ACHTUNG, bei der nachfolgenden EuK ist die Einbaurichtung entscheidend. Am Erdungseinsatz gibt es einen isolierten (rot) und einen leitenden Kontakt. Um zu verhindern, dass der Erdungseinsatz falsch herum eingebaut ist, muss am Erdungsanschlusspunkt immer die Spannungsfreiheit festgestellt werden. Anschließend wird die EuK mit dem PEN-Leiter verbunden.

 

 

Das Bild unten zeigt eine EuK mit fest angeschraubten Erdungsseilen. Hier weisen wir auf die große Gefahr hin weil die isolierte Seite nicht eindeutig farblich abgesetzt ist. Beim falschen Einsetzen kommt es zum Fehlerstrom, der zum Unfall und zur Betriebsunterbrechung führen kann. Eine PSA ist in beiden Fällen unbedingt erforderlich.

 

 

Entscheidend ist die Qualifikation der Mitarbeiter damit der sichere Betrieb von elektrischen Anlagen stets sichergestellt werden kann und die Gesundheit aller Beteiligten nicht gefährdet wird.


Siehe ergänzende Literatur zum Thema

DIN VDE 0105-100 "Betrieb von elektrischen Anlagen"
VDE-Verlag Schriftenreihe 13 „Betrieb von elektrischen Anlagen“
DGUV Vorschrift 3 "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel"
VDE-Verlag Schriftenreihe 79 „Schaltberechtigung“
BG ETEM Praxishilfe "Arbeitstägliche Sichtprüfung von EuK"



Wir freuen uns über Ihre Hinweise sowie den Erfahrungsaustausch mit Ihnen zu diesem Thema getreu unserem Motto:

NULL Unfälle durch NULL Fehlschaltungen